Computer sind in der heutigen Zeit nicht mehr aus dem künstlerischen Bereich wegzudenken. Selbst kostengünstige Bildbearbeitungssoftware, 3-D-Programme und kreative Apps ermöglichen Gestaltungsprozesse, die vor einigen Jahren noch undenkbar waren. Längst ist der Computer in der Schule und auch im Kunstunterricht angekommen, womit das Angebot an künstlerisch-bildnerischen Gestaltungsformen enorm erweitert wird. Der jugend creativ Wettbewerb der Volksbanken und Raiffeisenbanken reagiert auf die zunehmende Digitalisierung und wird mit dem Thema „Echt Digital“ und der verstärkten Aufnahme von digital erstellten Wettbewerbsbildern selbst digitaler.
Die Ergebnisse aus digitalen Arbeitsprozessen sind mitunter jedoch noch schwieriger zu bewerten als Ergebnisse aus analogen Prozessen. Gestaltungen am Computer unterscheiden sich nämlich grundlegend von Gestaltungen auf physischen Trägern. Dadurch, dass digitale Darstellungen aufgrund von Lösch- und Radierfunktionen, uneingeschränktem Farbauftrag und Übermalungen o.Ä. ephemer und nur von kurzer Dauer sein können, ist der gestalterische Prozess beim Computerausdruck nicht mehr nachzuvollziehen. Der Drucker nivelliert den Pinselduktus weitgehend und lässt die Gestaltungen allzu glatt, perfekt und bisweilen „seelenlos“ erscheinen. Werden zusätzlich noch vorgefertigte Sticker o. ä. „fremde“ Bildmaterialien hinzugefügt, verlieren die Bilder noch mehr an Individualität und subjektivem Ausdruck. Und doch kann es sich um äußerst kreative und durchaus komplexe und innovative ästhetische Arbeitsprozesse handeln, mit dem Unterschied allerdings, dass sie sich nicht in gleicher Weise wie bei konventionellen Bildträgern im Ergebnis festschreiben. Bei der wissenschaftlichen Erforschung von digitalen Kinderzeichnungen muss daher das gesamte ästhetische Verhalten beobachtet werden, d. h., jeder bildnerische Schritt und jede Gestik, Motorik und Bemerkung des Kindes werden auf Videoband aufgenommen und gehen in die Analyse ein (s. Mohr 2005).
Im Rahmen des jugend creativ Wettbewerbs können solche aufwendigen Analysen nicht durchgeführt werden und sind nicht praktikabel. Wir haben uns deshalb als Arbeitsgemeinschaft zusammengefunden, um Kriterien zu entwickeln und Wege zu finden, wie digitale Bilder trotzdem angemessen beurteilt werden können, und wie sie neben „echten“ Malereien und Zeichnungen ihre Wertschätzung behalten. In den folgenden beiden Dateien haben wir Ihnen hierzu eine Reihe an Bewertungskriterien zusammengefasst. Im neuen Abschnitt des Teilnahmescheins finden Sie zudem einige Punkte, mit denen die Jurymitglieder einen besseren Einblick in die digital erstellte Arbeit erhalten können. Wichtig ist hierbei, dass die Arbeit ohne KI-Programme erstellt wurde, weil ansonsten der eigene kreative Gestaltungsprozess überhaupt nicht mehr nachzuvollziehen ist.
Anja Mohr, Christian Römmelt, Pit Molling, Günter Stöber
Kriterienkatalog Digitale Bildgestaltung
Ergänzung zum Kriterienkatalog Hinweise zu Digitalgraphiken und deren Bewertung